Wittkower, Rudolf
- Lebensdaten
- 1901 – 1971
- Geburtsort
- Berlin
- Sterbeort
- New York, NY
- Beruf/Funktion
- Kunsthistoriker
- Konfession
- jüdisch
- Normdaten
- GND: 118807722 | OGND | VIAF: 24618617
- Namensvarianten
-
- Wittkower, Jakob Rudolf
- Wittkower, Rudolf
- Wittkower, Jakob Rudolf
- Wittkower, R.
- Wittkower, Rudolph
- Wittkower, Jakob Rudolph
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- Friedmann, Elly/verheiratete
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- Witt, Fiammetta/verheiratete
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- Wittkower, Eva Henriette/verheiratete
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Wittkower, Jakob Rudolf
| Kunsthistoriker, * 22.6.1901 Berlin, † 11.10.1971 New York. (jüdisch)
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Genealogie
V →Henry (Henri) (1866–1942), aus London, brit. Staatsbürger, Bankbeamter in B., zuletzt in Nottingham (England), S d. →Isidor Henry (1831–1908), aus Freienwalde (Brandenburg), u. d. Cäcilie Dufresne (1836–1913), aus B.;
M →Gertrud(e) (Trude) (1876–1965), aus B., zuletzt in Tel Aviv, T d. →Abraham Adolph Anspach (* um 1841) u. d. Celli Hirschfeld (1846–1909);
Ov →Julius (1859–1926, ⚭ Amalie Marker), aus Manchester, zuletzt in B., →Louis (1860–1941/42, ⚭ Marta Oppel oder Bertha Katz, 1869–1920), aus Edinburgh, Kaufm. in B.;
B →Werner Josef (1903/08–97, ⚭ →Eva Henriette Fürst, 1906/13–90, Textilfabr., Designerin, emigrierte 1933 n. Palästina), Dipl.-Ing., Architekt, emigrierte 1933 n. Palästina (s. BHdE II), Schw →Rosa Käthe (Catalina) (1900–95, ⚭ 1] 1923–26 Isaak Schimelewitsch,* 1896, aus Wilna, Student in B., 2] 1930 →Fritz Otto Erich Thomas Wulff, 1905–68, Kaufm., zuletzt in Buenos Aires), emigrierte n. Argentinien, →Elly (1909–1988, ⚭ Ernst Helmut Friedmann,* 1910), Dr. phil., Vf. v. „Die Form der Essais v. Montaigne“, Diss. Basel 1934, gedr. 1935, emigrierte n. Israel;
– ⚭ Berlin 1923 →Margot (1902–95), Möbeltischlerin, 1932 Werklehrerin an d. Odenwaldschule in Oberhambach, 1933 aus rassist. Gründen entlassen, emigrierte 1933 mit W. n. London, dort als Möbel- u. Innenraumdesignerin tätig, zog 1956 mit W. in d. USA, mit W. Mitautorin v. Büchern z. ital. Kunstgesch. (s. W, L), T d. →Max Moses Holzmann (um 1870–1925), aus Konitz (Chojnice, Westpreußen), Dr. med., prakt. Arzt in B., u. d. Friederike Alice Goldschmidt;
S →Mario-Max (Witt) (1925–94, ⚭ →Fiammetta, 1921–2011, T d. →Cesare Giulio Olschki, 1890–1971, Dr. iur., Antiquar in Florenz, s. NDB 19*), zuletzt in Belchamp Otten Sudbury;
Vt →Eric David (1899–1983, ⚭ →Claire Francesca Weil, 1906–83, Gymnastiklehrerin, Physiotherapeutin), Psychiater, emigrierte 1933 n. Großbritannien, 1951 n. Kanada, 1963 Prof. f. Psychiatrie an d. McGill Univ. in Montreal, 1956–70 Leiter d. Abt. f. Transkulturelle Psychiatrie, 1970/71 Präs. d. American Psychosomatic Soc. (s. BHdE II), Cousinen →Elsbeth Cohen (* 1886), →Lili Meier (* 1893), beide Opfer d. Holocaust. -
Biographie
Nach dem Abitur am humanistischen Friedrichsgymnasium in Berlin studierte W. ab 1920 Kunstgeschichte, Philosophie und Klass. Archäologie in München, Würzburg und Berlin. Mit einer von →Adolph Goldschmidt (1863–1944) betreuten Dissertation zur Geschichte der Malerei in Verona wurde er 1923 in Berlin zum Dr. phil. promoviert. Danach war er bis 1928 wiss. Mitarbeiter an der Bibliotheca Hertziana in Rom, wo er an der Michelangelo-Bibliographie von →Ernst Steinmann (1866–1934) mitarbeitete. Er lernte →Aby Warburg (1866–1929) kennen und bei einem Besuch in Hamburg 1928 auch →Erwin Panofsky (1892–1968), mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. 1928–32 arbeitete W. an der Univ. Berlin; ab 1932 war er Lektor am ital. Kulturinstitut (Petrarca-Haus) in Köln und Dozent an der Universität – die geplante Habilitation kam jedoch infolge seiner Entlassung 1933 nicht zustande. W. emigrierte daraufhin mit seiner Familie nach London. Aufgrund der brit. Staatsangehörigkeit seines Vaters galt er als „british born“ und konnte in London am Warburg Institute arbeiten, finanziert 1934–36 vom Council for Assisting Refugee Academics (seit 1936 Society for Protection of Science and Learning), 1936–56 als fester Mitarbeiter. W. bemühte sich um Neuordnung und Ausbau der Photosammlung und engagierte sich für die Übernahme des Warburg Institute durch die Univ. of London.
Seit 1937 war er Mitherausgeber des „Journal of the Warburg Institute“. Während des Kriegs und 1945–49 lehrte er am Courtauld Institute. 1942–45 inventarisierte er zusammen mit →Helmut Gernsheim (1913–1995) in der Stadt und Umgebung Londons historische Bauwerke für den „National Building Record“.
Ab 1945 war W. Dozent, ab 1949 Professor für Kunstgeschichte am University College der Univ. of London, wo er die Einführung der Kunstgeschichte als obligatorisches Unterrichtsfach innerhalb der Künstlerausbildung an der Slade School erreichte. Zudem arbeitete er als Autor und Redner der BBC. 1955 Gastprofessor in New York, war W. 1956–69 Chairman des Department of Art History and Archaeology der Columbia University in New York. Unter seiner Leitung wurde dieses Institut zu einem der renommiertesten der USA,|und W. auch wegen seiner Vorträge sowie der vom Institut vorbereiteten Ausstellungen einer breiten Öffentlichkeit bekannt.
W. war ein überaus vielseitiger und fruchtbarer Autor, der ein umfangreiches wissenschaftliches Werk hinterließ. Nach seiner Dissertation zur ital. Hochrenaissance beschäftigte er sich mit der ital. Architektur und Skulptur des Barock, seine Publikation zu →Bernini als Bildhauer (1955) wurde ein Meilenstein auf dem Weg der Barockforschung.
Während seiner Tätigkeit am Warburg Institute entstanden, den speziellen Interessen der Forschergruppe um →Fritz Saxl (1890–1948) in der Nachfolge Aby Warburgs entsprechend, ikonographische Studien, aber auch seine Kataloge zu den Zeichnungsbeständen des ital. Barock in den königlichen Sammlungen und den Sammlungen des Duke of Devonshire. Zusammen mit Saxl wurde W. 1945 um einen kulturpolitischen Beitrag gebeten, da die engl. Öffentlichkeit sehr ungünstig über Italien und dessen Rolle im Weltkrieg urteilte. Saxl und W. bereiteten eine Ausstellung vor und publizierten einen Band, der die Zusammenhänge zwischen der engl. Kunst und dem Mittelmeerraum darstellte (British Art and the Mediterranean, 1948).
Schon zuvor hatte sich W. mit der franz. Kunst beschäftigt, als er zusammen mit →Anthony Blunt an den ersten beiden Bänden (1938, 1949) der Ausgabe der Zeichnungen von →Nicholas Poussin arbeitete, die →Walter Friedlaender (1873–1966) unternahm. Sein Buch über „Architectural principles in the age of Humanism“ (1949), vielzitiert und in mehrere Sprachen übersetzt, machte ihn berühmt. In New York setzte er seine Forschungen zur Architektur der ital. Renaissance fort, schrieb ebenso über →Michelangelo wie über Palladianismus und engl. Neupalladianismus im 18. Jh. Zu diesem Thema publizierte er mehrere Beiträge; eine große Monographie über →Richard Boyle, 3. Earl of Burlington, die zentrale Figur des engl. Palladianismus, und seine Bauprojekte wie Chiswick House, blieb unvollendet.
In der Tradition einer streng auf das Objekt bezogenen Kunstgeschichte suchte W. nach den mathematisch-rationalen Grundlagen der Renaissance-Architektur, im Gegensatz zu einer „einfühlenden“ Analyse im Sinn →Heinrich Wölfflins (1864–1945). Bei seinen Forschungen zum Barock mit Gian Lorenzo Bernini als Mittelpunkt verband er Fragen der Formanalyse mit einer breiteren, auf Quellen gestützten kulturgeschichtlichen Kontextualisierung und bezog auch Auftraggeber und Auftrag in seine Betrachtung mit ein.
Wie andere, ebenfalls ins engl.sprachige Exil emigrierte Kunsthistoriker seiner Generation verband W. die Traditionen der dt. Kunstgeschichte des späten 19. und frühen 20. Jh. mit den Interessen seiner anglo-amerik. Hörer und Schüler.
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Auszeichnungen
|Avalon Foundation Prof. in the Humanities Emeritus an d. Columbia Univ. (1969–70);
Kress Prof. in Residence an d. Nat. Gallery in Washington D. C. (1969–70);
Slade Prof. in Cambridge (1970–71);
Member d. Inst. for Advanced Study in Princeton (postum 1971);
Alice Davis Hitchcock Award (1975). -
Werke
|Stud. z. Gesch. d. Malerei in Verona I–III, in: Jb. d. Kunstwiss. 1924/25, S. 269–89 u. 1927, S. 185–222 (Diss.);
Michelangelo-Bibliogr. 1510–1926, 1927 (mit E. Steinmann);
Die Zeichnungen d. Gianlorenzo Bernini, Bd. 1–2, 1931 (mit H. Brauer);
Catalogue of the Collection of Drawings by the Old Masters, Formed by Sir Robert Mond, 1937 (mit T. Borenius);
Brit. Art and the Mediterranean, 1948 (mit F. Saxl);
Architectural principles in the age of Humanism, 1949 u. ö., zahlr. Übers.: dt. 1969 u. ö., span. 1958 u. ö., ital. 1964 u. ö., japan. 1971;
Bernini’s bust of Louis XIV, 1951;
The drawings of the Carracci in the collection of Her Majesty the Queen at Windsor Castle, 1952;
Gian Lorenzo Bernini, the sculptor of the Roman Baroque, 1955 u. ö.;
Art and Architecture in Italy 1600–1750, 1958 u. ö.;
Born under Saturn, The character and conduct of artists, 1963 u. ö., zahlr. Überss.: dt. 1965 u. ö., ital. 1968, japan. 1968, span. 1982, franz. 1985 (mit Margot Wittkower);
The Divine Michelangelo, The Florentine Academy’s Homage on his Death in 1564, 1964 (mit Margot Wittkower);
La cupola di San Pietro di Michelangelo, 1964;
Gothic versus Classic, Architectural projects in seventeenth-century Italy, 1964;
Künstler–Außenseiter d. Ges., 1965 (mit Margot Wittkower);
Collected Essays I–IV, 1974–78 u. ö.;
Selected lectures of R. W., hg. v. D. M. Reynolds, 1989;
zahlr. Btrr. (Aufss., Rezensionen, Ausst.besprechungen) in Zss. u. Sammelwerken 1925–71 u. postum: The writings of R. W., A Bibliography, hg. v. D. M. Reynolds, 1989. -
Literatur
|Essays presented to R. W. on his sixty-fifth birthday, hg. v. D. Fraser u. H. Hibbard, 2 Bde., 1967 (P);
H. Hibbard, in: Burlington Mag. 114, 1972, S. 173–77;
H. Keller, in: Kunstchron. 26, 1973, S. 341–45;
J. S. Ackerman, R. W.’s influence on the hist. of architecture, in: Essays in the honor of R. W. 1989, S. 87–90;
A. A. Payne, R. W. and architectural principles in the age of modernism, in: Journal of the Soc. of Architectural Historians 53, 1994, S. 322–42;
F. Zöllner, L’uomo vitruviano di Leonardi da Vinci, R. W. e l’Angelus novus di Walter Benjamin, in: Raccolta Vinciana 26, 1995, S. 328–58;
P. v. Naredi-Rainer, R. W., Architectural Principles in the Age of Humanism, in: Hauptwerke d. Kunstgesch.schreibung, 2010, S. 501–03;
BHdE II;
Biogr. Hdb. Kunsthist.;
P. H. Feist, in: Metzler Kunsthist.lex., 1999, S. 480–83;
A. Payne, in: Klassiker d. Kunstgesch., hg. v. U. Pfisterer, Bd. 2, 2008, S. 107–23;
Dict. of Art;
DAH;
– zu Margot: DAH. -
Autor/in
Wolfgang Augustyn -
Zitierweise
Augustyn, Wolfgang, "Wittkower, Jakob Rudolf" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 349-350 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118807722.html#ndbcontent