Zimmermann, Bernd Alois

Lebensdaten
1918 – 1970
Geburtsort
Bliesheim bei Erftstadt (Eifel)
Sterbeort
Groß-Königsdorf bei Frechen bei Köln
Beruf/Funktion
Komponist ; Hochschullehrer ; Arrangeur
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11863691X | OGND | VIAF: 49409869
Namensvarianten

  • Zimmermann, Bernhard Alois
  • Zimmermann, Aloys
  • Zimmermann, Aloys Bernhard
  • Zimmermann, Alois Bernhard
  • Zimmermann, Bernd Alois
  • Zimmermann, Bernhard Alois
  • Zimmermann, Aloys
  • Zimmermann, Aloys Bernhard
  • Zimmermann, Alois Bernhard
  • Zimmermann, Bernd Aloys
  • Zimmermann, Berndt A.
  • Zimmermann, B. A.
  • Zimmermann, Bernd A.
  • Zimmermann, Bernd-Alois
  • Zimmermann, Bernhard-Alois

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Zitierweise

Zimmermann, Bernd Alois, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11863691X.html [18.12.2025].

CC0

  • Zimmermann, Bernd Alois (eigentlich Aloys, Alois Bernhard)

    | Komponist, * 20.3.1918 Bliesheim bei Erftstadt (Eifel), † (Suizid) 10.8.1970 Groß-Königsdorf bei Frechen bei Köln, ⚰ Köln, Friedhof Königsdorf-Süd. (katholisch)

  • Genealogie

    V Jakob (1881–1968), aus Bliesheim, Stellwerkmeister in B., Beamter b. d. Reichsbahn, betrieb im Nebenerwerb e. Landwirtsch., S d. Hermann (* 1841), aus B., Ackerer, u. d. Barbara Klinz;
    M Katharina (1886–1972), T d. Johann(es) Josef Broichheuser (1837–1904), Ackerer in Krahwinkel b. Lohmar (Berg. Land), u. d. Anna Franziska Broich (1841–1905), Ackerin ebd.;
    3 B (2 früh †) Josef (1916–2000), Dr., Geograph in Brasilien, 1963–75 Landesbeauftragter f. Naturschutz in NRW, Nachlaß im Archiv z. Gesch. d. Naturschutzes in Königswinter, 1 Schw Christine (1924–2003), Geschäftsfrau;
    (kirchl.) Altenberg (Dom) 1950 Sabine (1924–2013, ev.), aus Breslau, Psychotherapeutin, T d. Kurt v. Schablowsky (* 1885), aus Hohenfichte b. Riga, Kaufm. in Breslau (?), u. d. N. N. (* 1901), aus Meckl.;
    2 S Gereon (1951–2017), Wimar (* 1966), 2 T (1 früh †), Bettina (* 1952), Vf. e. Biogr. v. Z. (s. Qu, L).

  • Biographie

    In einem bäuerlichen, überzeugt kath. Umfeld aufgewachsen, erhielten Z. und sein Bruder Josef als erste Generation der Familie eine höhere Schulbildung. Bereits während der Grundschulzeit konnte Z. mit Klavierstunden beginnen; 1929–36 besuchte er als Internatsschüler das Salvatorianer-Kolleg „Hermann Josef“ im Kloster Steinfeld (Eifel) und erhielt dort neben einer humanistischen Bildung nun prägenden Musikunterricht bei Pater Gregor Niederer. Nach der Entscheidung gegen eine geistliche Laufbahn legte Z. 1937 auf dem städt. kath. Apostelgymnasium in Köln das Abitur ab. Es folgten der obligatorische Arbeitsdienst und der Studienbeginn vermutlich zum Wintersemester 1937/38 zunächst an der Bonner Lehrerbildungsanstalt; zum Wintersemester 1938/39 wechselte Z. in den Lehramtsstudiengang der Kölner Musikhochschule, die ein Jahr später kriegsbedingt schloß. 1940 wurde Z. zur Wehrmacht eingezogen, jedoch aus gesundheitlichen Gründen 1942 wieder entlassen und schrieb sich an der Univ. Köln für ein Studium der Musikwissenschaft ein. Nach der Schließung der Universität versuchte er im Wintersemester 1944/45 sein Studium in Berlin fortzusetzen, konnte das erhoffte Examen aber auch dort nicht mehr ablegen. Nach Kriegsende kehrte er nach Köln zurück, nahm das Studium der Schulmusik an der dortigen Musikhochschule (u. a. bei Philipp Jarnach, 1892–1982, Heinrich Lemacher, 1891–1966, und Paul Mies, 1889–1976) erneut auf und schloß es 1947 ab.

    Im folgenden Jahrzehnt schlug Z. jedoch nicht den Weg ins Lehramt ein, sondern etablierte sich als freischaffender Komponist. Er debütierte bei den Darmstädter Ferienkursen für Neue Musik, wo er 1948–50 u. a. an den Kursen von René Leibowitz (1913–1972) und Wolfgang Fortner (1907–1987) teilgenommen hatte, und arbeitete auch für den Rundfunk; hier komponierte er in dem von ihm selbst so benannten „Brotberuf“ zahlreiche Hörspielmusiken und Bearbeitungen. Hauptauftraggeber war dabei der (N)WDR in Köln. Im Nov. 1957 übernahm Z. als Nachfolger von Frank Martin (1890–1974) eine Klasse für Komposition sowie für Film- und Rundfunkmusik an der Kölner Hochschule für Musik. Im selben Jahr kam er als erster Stipendiat aus dem Bereich der Musik an die bis dahin bildenden Künstlern und Architekten vorbehaltene Villa Massimo in Rom. Mit distanzierter Wachheit verfolgte er die Auseinandersetzungen der Avantgarde nicht nur in Darmstadt. Auch im Kölner und Düsseldorfer Umfeld nahm Z. über den Bereich der Musik hinaus Anteil an den aktuellen künstlerischen Entwicklungen und zog daraus eigenständige Konsequenzen für sein Schaffen. Die finanzielle Absicherung durch seine Position an der Musikhochschule erlaubte es ihm, ab Ende der 1950er Jahre größere, teilweise krisenhaft langwierige Kompositionsprojekte in Angriff zu nehmen. Er begann mit den Arbeiten sowohl an der Oper „Die Soldaten“ wie auch an dem von der Kantate „Omnia tempus habent“ über das „Requiem für einen jungen Dichter“ bis hin zu seinem letzten Werk, der „Ekklesiastischen Aktion“ reichenden Oratorienprojekt.

    Zunehmende öffentliche Anerkennung zeigte sich in zahlreichen Kompositionsaufträgen und Preisen, wie u. a. 1965 in der Aufnahme in die Westberliner Akademie der Künste.

    Gleichzeitig nahmen gesundheitliche und|damit verbunden psychische Krisen stetig zu. 1970, unmittelbar nach Abschluß des letzten von ihm akzeptierten Kompositionsauftrags, nahm er sich das Leben.

    Z., der sich mit „rapidem Elan und beinahe wissenschaftlicher Akribie“ seiner Arbeit widmete, empfand im Rückblick die Zeit des Nationalsozialismus als extreme Beeinträchtigung seiner künstlerischen Entwicklung (biogr. Notiz aus d. 1960er Jahren, im Nachlaß). Die biographische Verortung und besonders die zeitbedingten Gefährdungen des künstlerischen Weges sind zentral für sein Schaffen. Anders als die nachfolgende Generation etwa eines Pierre Boulez (1925–2016) oder Karlheinz Stockhausen (1928–2007) wollte und konnte Z. nicht von einem (wenn auch behaupteten bzw. ersehnten) Nullpunkt aus die existente musikalische Sprache in toto in Frage stellen. Vielmehr ließ er sich bewußt auf die Konfrontation der überkommenen musikalischen Welt, in der er aufgewachsen war, deren Vereinnahmungen wie Verfolgungen er erlebt hatte und die nun in ihren Kontinuitäten beargwöhnt wurde, mit der radikalen Kritik und Erneuerung der musikalischen Sprache durch die Nachkriegsavantgarde ein.

    Auf diese Weise gelangte er zu einer sonst kaum anzutreffenden ästhetischen Offenheit, die auf einem letztlich phänomenologischen Weltverhältnis basierte. Z.s seit den 1950er Jahren technisch äußerst avancierte und gedanklich hochreflektierte Kompositionsweise erlaubte die künstlerische Integration seiner musikalischen wie außermusikalischen Umwelt durch verschiedenste musikalische Stile, Genres, die Einbindung von Zitaten aus den unterschiedlichsten Sphären sowie die Öffnung für nicht originär musikalische Medien (u. a. Verwendung multimedialer Elemente mit Simultanszenen, Filmprojekten, Zuspielbändern). Eine starke Vernetzung der einzelnen Werke untereinander bindet die Einzelkompositionen in den Gesamtkomplex des Œuvres ein. Seine Wirkung verdankt das Schaffen Z.s dem daraus entstandenen künstlerischen Ansatz, der zugleich Gattungsgrenzen sprengt wie auch Kunstsparten übergreift. In diesem Ansatz bündeln sich die zentralen, auch zeithistorisch begründeten kompositorischen und ästhetischen Herausforderungen des 20. Jh. wie in einem Brennglas. Bis heute ist Z., weit über die direkten Folgen seiner Unterrichtstätigkeit hinaus, eine der wichtigsten Identifikationsfiguren für nachfolgende Generationen. Seine Werke haben sich weltweit auch außerhalb der auf Neue Musik spezialisierten Kreise im Repertoire durchgesetzt.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. dt. Sektion d. Internat. Ges. f. Neue Musik (IGNM, Präs. 1956–57);
    Stipendiat d. Villa Massimo, Rom (1957 u. 1964);
    Gr. Kunstpreis d. Landes NRW (1960);
    Mitgl. d. Ak. d. Künste, Berlin(-West) (1965);
    Kunstpreis d. Stadt Köln (1966);
    Berliner Kunstpreis. (1969).

  • Werke

    |u. a. Sinfonie in e. Satz f. gr. Orch., 1. Fassung 1951–52, 2. Fassung 1953;
    Nobody knows de trouble I see, Konzert f. Trompete in C u. Orch., 1954;
    Sonate f. Viola solo, 1955;
    Die Soldaten, Oper in vier Akten n. d. gleichnamigen Schausp. v. J. M. R. Lenz, 1957–65;
    Présence, Ballet blanc en cinq scènes pour violon, violoncelle et piano, Emblèmes de mot v. P. Pörtner, 1961;
    Monologe f. zwei Klaviere, Fassung d. „Dialoge f. zwei Klaviere u. gr. Orch.“ f. zwei Klaviere soli, 1964;
    Requiem f. e. jungen Dichter, Lingual f. Sprecher, Sopran- u. Baß-Solo, drei Chöre, Orch., Jazz-Combo, Orgel u. elektron. Klänge n. Texten versch. Dichter, Berichten u. Reportagen, 1967–69;
    Ich wandte mich u. sah an alles Unrecht, das geschah unter d. Sonne, Ekklesiastische Aktion f. zwei Sprecher, Baß-Solo u. Orch., 1970;
    Hauptverl.: Schott Music, einzelne Werke b. Bärenreiter, Ed. Modern u. a.;
    W-Verz.: H. Henrich, B. A. Z., Werkverz., Verz. d. musikal. Werke v. B. A. Z. u. ihrer Qu., erstellt unter Verwendung v. Vorarbb. v. K. Ebbeke (†), 2013;
    B. A. Z.-Ges.ausg. (s. L);
    Nachlaß: Archiv d. Ak. d. Künste Berlin (Musik- u. Textmss., Korr., Photogrr., Tonbänder),–Ed.: B. A. Z.-Gesamtausg., Hist.-krit. Ausg. seiner Werke, Schrr. u. Briefe, an d. Berlin-Brandenburg. Ak. d. Wiss. u. d. Ak. d. Wiss. u. d. Lit., Mainz mit d. Schott-Verl. (Qu, W, L, P).

  • Literatur

    |W. Schwinger, Der explosive Asket, zum Tod v. B. A. Z., in: Die Zeit v. 21.8.1970 (P);
    The Musical Times 111/1532, 1970, S. 1034;
    H. Krellmann, in: Musica 24/5, 1970, S. 485–87;
    Der Spiegel, Nr. 34 v. 17.8.1970, S. 126;
    H. H Stuckenschmid, Ein starker, e. freier Geist, Abschied v. d. Komp. B. A. Z., in: Melos 37/9, 1970, S. 349;
    W. Sandner, in: Das Orchester 21/1, 1973, S. 22;
    B. A. Z., Dokk. u. Interpretationen, hg. v. W. Konold, 1986;
    K. Ebbeke (Hg.), B. A. Z. (1918–1970), Dokumente zu Leben u. Werk, 1989;
    H. Henrich (Hg.), B. A. Z., „Du und Ich und Ich und die Welt“, Dokk. aus d. J. 1940 bis 1950, 1998;
    B. A. Z., Écrits, hg. v. Ph. Albèra, 2010;
    Bettina Zimmermann, con tutta forza, B. A. Z., Ein persönl. Portrait, Dokk., Briefe, Fotos, Zeitzeugen, 2018 (Qu, W, L, P);
    B. A. Z., Intervall u. Zeit, hg., eingel. u. komm. v. R. Peters, mit Fotogrr. v. B. A. u. Sabine Zimmermann, zus.gest. v. ders. u. P. Mischung, 2. vollst. überarb. u. erw. Aufl., 2020;
    „Man müßte nach Rom gehen“, B. A. Z. u. Italien, hg. v. S. Ehrmann-Herfort u. a., 2020 (P);
    MGG;
    MGG²;
    New Grove;
    New Grove²;
    Metzler Komponisten Lex. (P).

  • Autor/in

    Dörte Schmidt
  • Zitierweise

    Schmidt, Dörte, "Zimmermann, Bernd Alois (eigentlich Aloys, Alois Bernhard)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 704-705 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11863691X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA