Lebensdaten
1893 – 1986
Geburtsort
Neutra (ungarisch Nyitra, slowakisch Nitra)
Sterbeort
Küsnacht bei Zürich
Beruf/Funktion
Endokrinologe ; Psychiater ; Tiefenpsychologe
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118620371 | OGND | VIAF: 2554477
Namensvarianten
  • Szondi, Léopold
  • Szondi, Lipót
  • Sonnenschein, Leopold (bis 1911)
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Zitierweise

Szondi, Leopold, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118620371.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Abraham Sonnenschein (1837–1911, Schäftemacher in N., Hilfsrabbiner;
    M Theresa (Rézi) Kohn (* 1853), aus N.;
    4 Halb-Geschw, 8 Geschw;
    Budapest 1926 Ilona (Lili) (1902–86), Sprachlehrerin (s. L), T d. Emmerich (Josef Imre) Radványi (1865–1939, Vers.angest. in Budapest, u. d. Eugenie (Jenny, Zseni) Stricker (1872–1944;
    1 S Peter (s. 2), 1 T Vera (1928–77), Ärztin; Schwager Johann-Lorenz Schmidt (eigtl. László Radványi) (1900–78, Netty Reiling, Ps. Anna Seghers, 1900–83, Schriftst., s. NDB 24), Soziol. u. Wirtschaftswiss. (s. NDB 23).

  • Biographie

    S.s Familie übersiedelte 1898 nach Budapest, wo S. das Damjanich János-Gymnasium besuchte (Abitur 1911). 1911–18 studierte er – unterbrochen durch Sanitätsdienst an der Kriegsfront – Medizin an der Péter-Pázmány-Univ. Budapest. 1919 legte er die Staatsprüfung ab und erhielt den Titel eines Facharztes für Neurologie und Psychiatrie. 1919–26 war er Assistent von Pál Ranschburg (1870–1945) am Heilpädagogischen und Psychologischen Laboratorium der Hochschule für Heilpädagogik. Gleichzeitig war S. bis 1924 an der Budapester Graf Albert Apponyi-Poliklinik tätig, wo er ein Ambulatorium für Endokrinologie und Konstitutionspathologie einrichtete. 1927 erhielt er in Budapest eine Professur an der Hochschule für Heilpädagogik und wurde Chefarzt des Staatlichen Heilpädagogischen Forschungs-Laboratoriums für Psychopathologie und Psychotherapie. Nachdem er 1941 infolge antijüd. Berufsverbote seine Stellungen verloren hatte und 1944 in ein Judenhaus zwangsumsiedeln mußte, wurde S. im Juni 1944 mit seiner Familie in das „Ungarnlager“ von Bergen-Belsen deportiert. Im Rahmen der „Becher-Kasztner-Aktion“ wieder entlassen, gelang ihm im Dez. 1944 die Einreise in die Schweiz (Schweizer. Bürgerrecht 1959). 1945/46 war S. Mitarbeiter von Oscar Louis Forel (1891–1982) am psychiatrischen Sanatorium „Les Rives de Prangins“ bei Nyon, bevor er sich 1946–85 als Privatgelehrter für Psychopathologie, Experimentelle Triebdiagnostik und Schicksalsanalyse in Zürich niederließ.

    1927–41 entwickelte S. eine ganzheitliche Heilpädagogik, in der Pädagogen, Psychologen, Biologen, Mediziner und Geistliche interdisziplinär zusammenarbeiteten. Seine Forschungsarbeit umfaßte endokrinologische, genealogische und erbstatistische Familien- und Zwillingsuntersuchungen. 1937–44 erarbeitete er eine „Experimentelle Triebdiagnostik“ (sog. Szondi-Test; projektiver Test, Wahl von Portraits triebkranker Menschen, auf der Genotropismus-Lehre basierend) und gleichzeitig, z. T. beeinflußt von Imre Hermann (1889–1984), ein neues System der menschlichen Triebe. Mit der Lehre vom „Genotropismus“ begründete S. psychobiologisch die Anziehung, Wahl, Bindung und Kooperation genverwandter Menschen: Genverwandte fördern die Ausbreitung gemeinsamer Gene und werden so unbewußt zu deren Mitspielern. Deswegen wird S. heute zu den Vordenkern der Soziobiologie gezählt.

    S. gilt neben Sigmund Freud und C. G. Jung als führender Vertreter der Tiefenpsychologie. Mit seiner „Schicksalsanalyse“ (1944, überarb. Neuausgg. 1948, 1965) schlug er eine Brücke zwischen Geistes- und Naturwissenschaft. Die seit 1942 eingeführte Konzeption des „Familiären Unbewußten“ schloß an Ideen Freuds und Jungs an und erweiterte die Tiefenpsychologie um eine psychobiologische Dimension. Die Richtung der Schicksalsanalyse fand seit den 1950er Jahren auch international zunehmend Anerkennung. Seit 1954 differenzierte S. seine „Ichlehre“ („Ich-Analyse“) und den Schicksalsbegriff unter Beachtung der biopsychosozialen und geistigen Ganzheit des Menschen und entwickelte seine „Schicksalstherapie“ als Methode zur Bewußtmachung von genetisch beeinflußten|Zwangsschicksalen und zur therapeutischen Erarbeitung von „Wahl- und Freiheitsschicksalen“. Ermöglicht durch ein Legat konnte S. 1969 in Zürich die Stiftung Szondi-Institut errichten und 1970 das von ihm selbst bis 1983 geleitete Lehr- und Forschungsinstitut für Allgemeine Tiefenpsychologie und Schicksalspsychologie eröffnen.

  • Auszeichnungen

    A Dr. h. c. (Louvain-la-Neuve, 1970 u. Paris VII, 1979);
    S.weg, Zürich (seit 2005).

  • Werke

    Contributions to Fate Analysis I, Analysis of Marriages, An attempt at a theory of choice in love, in: Acta Psychologica III, 1, 1937, S. 1–80;
    Lehrb. d. Experimentellen Triebdiagnostik, 2 Bde., 1947, überarb. Neuausg. 1972;
    Triebpathol., 2 Bde., 1952/ 56 (Bd. 2: Ich-Analyse, Die Grundlage z. Vereinigung d. Tiefenpsychol.);
    Schicksalsanalyt. Therapie, Ein Lehrb. d. passiven u. aktiven Psychotherapie, 1963;
    Kain, Gestalten des Bösen, 1969;
    Moses, Antwort auf Kain, 1973;
    Schicksalsanalyse, Eine Selbstdarst., in: L. S., Psychotherapie in Selbstdarst., hg. v. L. Pongratz, 1973, S. 413–57;
    Freiheit u. Zwang im Schicksal des Einzelnen, 1977, ³1995;
    Nachlaß:
    Stiftung Szondi-Inst., Zürich.

  • Literatur

    W. Huth, Wahl u. Schicksal, 1978;
    R. A. Hughes, Return of the Ancestor, 1992;
    B. Kronenberg, Die Schicksalsanalyse u. d. Lebensgesch. ihres Begründers L. S., 1998;
    K. Bürgi-Meyer, L. S., Eine biogr. Skizze, 2000 (W, L, P);
    ders., in: Personenlex. d. Psychotherapie, hg. v. G. Stumm u. a., 2005;
    Killy;
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft;
    HLS;
    – Szondiana, Zs. f. Tiefenpsychol. u. Btrr. z. Schicksalsanalyse, seit 1981;
    – Lili Szondi-Radványi, Ein Tag in Bergen-Belsen, in: Szondiana 1993, Sonderh. 2, S. 43–60.

  • Autor/in

    Karl Bürgi-Meyer
  • Zitierweise

    Bürgi-Meyer, Karl, "Szondi, Leopold" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 747-748 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118620371.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA