Lebensdaten
1845 – 1924
Geburtsort
Liestal (Kanton Baselland)
Sterbeort
Luzern
Beruf/Funktion
Schriftsteller ; Nobelpreisträger für Literatur (1919)
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 118616277 | OGND | VIAF: 120696319
Namensvarianten
  • Spitteler, Carl Georg Friedrich
  • Tandem, Carl Felix (Pseudonym)
  • Spitteler, Carl
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Zitierweise

Spitteler, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616277.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl (1809–78), Statthalter, Landschreiber d. Bez. L., S d. Rudolf (1780–1810), Notar, u. d. Euphrosina Schmidt;
    M Anna Dorothea (1827–1913), T d. Andreas Brodbeck (1791–1863), Bierbrauer, u. d. Verena Dettwiler (1797–1880);
    2 B u. a. Friedrich Adolf (1846–1940);
    Bern 1883 Marie (1863–1929), T d. Lambert Pieter Op den Hooff (1823–93), niederl. Staatsbeamter, u. d. Wilhelmine Barbers (1839–91);
    2 T Anna (1886–1962), Marie-Adèle (1891–1940).

  • Biographie

    Im Anschluß an die Grundschule in Liestal besuchte S. das Gymnasium in Basel, wo ihn u. a. Wilhelm Wackernagel und Jacob Burckhardt unterrichteten. Nachdem er auf Wunsch des Vaters 1863 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Univ. Zürich aufgenommen hatte, wechselte er 1865 zur Theologie und studierte diese in Zürich (1865–67), Heidelberg (1867/68), wo er u. a. Georg Gottfried Gervinus und Ferdinand Hitzig kennenlernte, und Basel (1868/69, 1870/71). Seine theologisch unorthodoxe Haltung verzögerte den Abschluß des Studiums. 1871 bestand er das Examen an der Theol. Fakultät der Univ. Basel, wurde ordiniert und nahm eine Stelle als Erzieher bei Carl August Standertskjöld (1814–85) in St. Petersburg an. 1873 wechselte er dort in das Haus von Alexander (?) und Adelaide v. Cramer. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz 1879, unterrichtete er an höheren Schulen in Bern (1879–81) und La Neuveville (1881–85). Seit 1885 arbeitete er für verschiedene Zeitungen, 1890–92 als Feuilletonredaktor bei der NZZ, wo er sich für junge Schweizer Autoren (u. a. Meinrad Lienert) einsetzte. Dank des Vermögens seiner Frau konnte er sich seit 1892 in Luzern ausschließlich dem Schreiben und seinem Garten widmen, der für die von S. akklimatisierten exotischen Pflanzen berühmt war.

    1880/81 erschien unter Pseudonym das in freien Rhythmen gehaltene Epos „Prometheus und Epimetheus“ (2 Bde., Neuausg. u. d. T. Prometheus der Dulder, 1924), das den seiner Seele treu bleibenden Prometheus dem auf Moralität und Mittelmaß ausgerichteten Bruder Epimetheus entgegenstellt. Obwohl es in Rezensionen immer wieder mit Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ verglichen wurde, fand das Werk kaum Beachtung. Im Bemühen um Erfolg wandte sich S., der nur das Epos als wirkliche Dichtung ansah, dem Drama und der Erzählung zu. Im Gegensatz zu seinen Dramen hatten seine realistischen Erzählungen (Friedli der Kolderi, 1891; Conrad der Leutnant, 1898; Imago, 1906; Die Mädchenfeinde, 1907) Erfolg und wurden vielfach wieder gedruckt und übersetzt. In ihnen behandelte S. meistens innere Konflikte und wies so auf das zentrale Interesse der Literatur der Jahrhundertwende an Bewußtseinsdarstellungen voraus. S.s Gedichte (Gras- u. Glockenlieder, 1906) erreichten in der Schweiz v. a. auch durch Vertonungen (u. a. durch Paul Huber u. Armin Schibler) eine gewisse Popularität. Sein Hauptwerk ist das etwa 20 000 Verse umfassende Epos „Der Olympische Frühling“ (4 Bde., 1905, 2. Fassung 1910), in welchem ein neues Göttergeschlecht in den Olymp|einzieht und schließlich Herakles als Repräsentant einer neuen Menschheit auf die Erde geschickt wird.

    In dem scheinbar altmodischen Gewand seiner Texte behandelte S. die charakteristischen Themen der Jahrhundertwende: die Fragwürdigkeit der überkommenen Moral, psychische Konflikte, Aspekte der Lebensphilosophie. Nach dem Titel des Romans „Imago“ (1906) benannte Sigmund Freud seine psychoanalytische Zeitschrift, während C. G. Jung in Prometheus und Epimetheus die Prototypen der introvertierten bzw. extrovertierten Haltung sah. Der Grundgedanke von S.s Rede „Unser Schweizer Standpunkt“ (Dez. 1914), in der er die Schweizer aufrief, die innere Einheit über die Sympathie mit dem dt. Nachbarn zu stellen, wurde fester Bestandteil schweizer. Selbstverständnisses. 1919 erhielt S. für sein Werk auf Anregung von Romain Rolland als bislang einziger gebürtiger Schweizer den Literatur-Nobelpreis. Heute ist S. einem breiteren Publikum kaum noch bekannt, sein bedeutender Beitrag zur Geschichte des Epos zu Beginn des 20. Jh. ist noch kaum adäquat gewürdigt.

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (Zürich 1905;
    Lausanne 1915);
    Gr. Schillerpreis d. Schweizer. Schillerstiftung (1919);
    Ehrenbürger d. Stadt Luzern (1909);
    – C.-S.-Stiftung, Luzern (seit 1975).

  • Werke

    Weitere W Gesammelte Werke, hg. v. G. Bohnenblust u. a., 11 Bde., 1948–58 (P);
    Krit. Schrr., ausgew. v. W. Stauffacher, 1965;
    Briefwechsel C. S., Joseph Viktor Widmann, hg. v. W. Stauffacher, 1998;
    Echte, selige Musik, Musikal. Schrr., ausgew. v. A. Wernli, 2002;
    Autobiogrr.:
    Meine Beziehungen zu Nietzsche, 1908;
    Meine frühesten Erlebnisse, 1914;
    Bibliogr.:
    Quarto 4/5, 1995, S. 176–79;
    Nachlaß:
    Schweizer. Lit.archiv, Bern;
    S.-Archiv, Luzern.

  • Literatur

    W. Stauffacher, C. S., 1973;
    R. Scharpf, C. S. u. d. Anfänge d. modernen Erzählkunst in d. Schweiz. 1999;
    Ph. Theisohn, Totalität d. Mangels, C. S. u. d. Geburt d. modernen Epos aus d. Anschauung. 2001;
    Zürcher Personenlex.;
    Schweizer Lex.;
    Kosch, Biogr. Staatshdb.;
    BBKL 18 (W, L);
    LThK³;
    RGG⁴;
    Zeitgenossen-Lex.;
    Biel Lex. (L, P);
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    HLS.

  • Porträts

    Ölgem. v. F. Hodler, 1915 (Kunstmus. Luzern);
    Photogrr. im S.-Archiv, Luzern.

  • Autor/in

    Rosmarie Zeller
  • Zitierweise

    Zeller, Rosmarie, "Spitteler, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 713-714 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616277.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA