Lebensdaten
1696 – 1770
Sterbeort
Mimmenhausen (Bodensee)
Beruf/Funktion
Holzschnitzer ; Steinbildhauer ; Stukkator ; Altarbauer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118532707 | OGND | VIAF: 69721226
Namensvarianten
  • Feichtmair, Joseph Anton
  • Feuchtmayer, Joseph Anton
  • Feichtmair, Joseph Anton
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Zitierweise

Feuchtmayer, Joseph Anton, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118532707.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Franz Jos. (1660–1718), Bildhauer u. Stukkator;
    M Maria Salome, T d. Franz Burgauer;
    Ov Joh. Michael (1666–1713), Hofmaler d. Bischofs v. Konstanz;
    B Gervasius (1697–1740), Küchenbruder in Salem;
    1722 Maria Theresia Hollstein aus Wolfegg;
    7 K.

  • Biographie

    Laut Inschrift seines Grabsteins in Mimmenhausen wuchs F. in Schongau (Lech) auf, wo Johann Pölandt, der 2. Gatte seiner Großmutter Maria Schmutzer, als Bildhauer und Bürgermeister lebte. Der Vater, vorher in Oberösterreich tätig, siedelte 1706 nach Mimmenhausen im Gebiet des Klosters Salem über. 1715 ist F. als Bildhauergeselle in Augsburg nachzuweisen. Beim Tode des Vaters übernahm er die Werkstatt. Seine ersten bekannten Schnitzarbeiten schuf er seit 1718 am Chorgestühl in Weingarten, lebensvolle, geschmeidige Putten und anmutig-elegante Engelhermen. Nach der handwerklichen Ausbildung – sicher zuerst beim Vater – empfing F. die nachhaltigsten künstlerischen Eindrücke von dem unter anderem in Weingarten arbeitenden oberitalienischen Stukkator Diego Francesco Carlone, mit dem er noch nach 1730 in Einsiedeln zusammen wirkte. Von ihm erlernte F. gegen 1721 die „Kunst der Glanzarbeit“, das ist die Herstellung selbständiger, frei modellierter Stuckfiguren mit glänzend polierter, an weißen Marmor erinnernder Oberfläche. In dieser Stuckalabaster-Technik wurde er der Fortsetzer und Vollender von Carlones Kunst nördlich der Alpen. Für Kloster Salem fertigte F. seit 1721 (Stukkaturen im Kreuzgang) zahlreiche, nur zum kleineren Teil erhaltene Werke in den verschiedensten Techniken: unter anderem Schnitzfiguren („Stifter“?) für den Marstall 1735–36, Monumentalbrunnen mit Bleifiguren 1736-37 (zerstört), Bernhardusportal 1736–37, Beicht- stühle mit hervorragenden Holzbüsten 1738, Stuckierungen des Treppenhauses am Südtrakt 1742, Münstergestühl 1753, Modell des hölzernen Münsterturmes 1757. Als Salemer Hofkünstler hat F. auch viele Dinge für den praktischen Gebrauch geschaffen wie Möbel, Kutschen, Spiegel, Öfen, von denen wenige Proben erhalten sind. Dabei brachte er als Meister des Ornaments die Rocaille zur geistvollsten Entfaltung.

    Die frühesten großen Stuckfiguren der „Sibyllen“ im Treppenhaus des Schlosses zu Kißlegg (Krankenhaus), um 1726, sind noch stark von Carlone abhängig. In den um 1730 ausgeführten Altar- und Stifterfiguren der Klosterkirche Sankt Peter (Schwarzwald) hat F. bereits seinen subjektiv ausdruckshaften, kühn improvisierenden Stil gewonnen. Den Höhepunkt bedeutet die freiräumlich-monumental erfundene Aktfigur des „Diogenes“ aus Maurach von 1736 (Salem, Markgräfliches Museum). Diese virtuose, leidenschaftliche, auch vor der Darstellung des Häßlichen nicht zurückschreckende Auffassung vertreten zahlreiche Stuckfiguren in Kirchen, deren Altarausstattung und Stuckierung F. ebenfalls besorgte. Denn aus seiner Werkstatt ging der feinste farbige Stuckmarmor für die von ihm selbst entworfenen Altarbauten hervor. Beispiele geschlossener Raumausstattungen – in Zusammenarbeit mit vorzüglichen Malern wie F. J. Spiegler, G. B. Göz und anderen – sind erhalten in der Kapelle des ehemaligen Deutschordensschlosses auf der Mainau 1737–38, in der ehemaligen Bischöflichen Kapelle des Neuen Schlosses zu Meersburg 1741–43, in der Stadtpfarrkirche zu Scheer (Württemberg) 1743 folgende (mit starker Werkstattbeteiligung), vor allem in F.s großartigster Gesamtleistung, der Wallfahrtskirche Birnau am Bodensee 1748 folgende In Überlingen bietet der Hochaltar von 1760 (Aufbau aus Holz) noch ein Muster der großen, kurvig-räumlichen Choraltäre, die unter anderem in Rottenburg und Beuron beseitigt wurden. Bescheidenere Ganz- oder Teilausstattungen finden sich noch in Bachhaupten bei Ostrach (1730), Merdingen im Breisgau (1740–41), Altheim bei Riedlingen und Habstal (Hohenzollern), beide um 1747, Ertingen (Kreis Riedlingen) und Dreifaltigkeitsberg bei Spaichingen (um 1765). Von ungewöhnlicher Bedeutung als Beispiele profaner Raumdekoration in Stuck sind zwei an drolligen Motiven reiche Kabinette in Schloß Tettnang.

    Der schärfste Naturwiedergabe anstrebende Kruzifix in der Sakristei zu Weingarten (um 1720) eröffnet die Reihe genialer und virtuoser Schnitzfiguren. Auch die wegen ihrer irdischen Reize gerühmte „Immaculata“ (Berlin, ehemals Deutsches Museum) und der zugehörige|Lautenengel (Karlsruhe, Landesmuseum) zeigen noch die kantige, brüchige Formensprache der Falten wie die um 1720 entstandenen Benediktinerheiligen vom Weingartener Chorgestühl. Die Beichtstuhlbüsten der dreißiger Jahre oder die Heiligen Georg und Martin der fünfziger Jahre in Sipplingen (Bodensee) bezeugen die Rückwirkung der modellierenden Stuckarbeit auf die freie Behandlung des Holzes, besonders auch in räumlicher Beziehung bei der gleichzeitigen Taufgruppe in Mimmenhausen und dem Altarkruzifix in Birnau. Die 1746 und 1750 datierten Figuren der Madonna, des heiligen Christophorus und der Mutter Anna in der Reichlin-Meldeggschen Kapelle zu Überlingen mit nachträglicher Weißfassung der Gewänder verbinden diese Verräumlichung mit Überspitzung des physiognomischen Ausdrucks und Umsetzung der inneren Bewegtheit in äußere Bewegung. In seinen Altersschöpfungen, dem „Laurentius“ der Franziskanerkirche in Überlingen (um 1760) und den Heiligen vom Choraltar auf Schloß Zeil bei Leutkirch, findet F. noch zu größerer Beruhigung und Verinnerlichung. Dieser Spätstil nimmt bei seinem begabtesten Mitarbeiter und Werkstattnachfolger J. G. Dirr eine klassizistische Färbung an. Dirr ist als Helfer auch an dem Riesenauftrag der Büsten und Reliefs für Beichtstühle und Chorgestühl der Stiftskirche zu Sankt Gallen (1762–68) beteiligt, doch hat hier der 70jährige F. noch mit ungebrochener Kraft Erfindung und Ausführung im wesentlichen bestritten.

    Unter den Arbeiten in Stein, die F. in Sankt Peter, Mimmenhausen, Scheer, Birnau, Salem und Sankt Gallen hinterließ, zeigt die „Maria“ über dem Portal von Birnau die höchste Vollendung. Die Marienbüste an entsprechender Stelle auf der Mainau wurde in Bleiguß ausgeführt. Während sich nur ein sehr schönes, signiertes Tonmodell eines Bischofs (in Überlingen) erhielt, besitzen besonders die Stiftsbibliothek Sankt Gallen und das Wessenberghaus in Konstanz einen einzigartigen Schatz von Altarentwürfen F.s, teils in Federzeichnungen, teils in sorgfältigen, zartfarbig angelegten Vorlegeblättern. Nicht zuletzt als Zeichner erweist F. einen selbst im 18. Jahrhundert erstaunlichen Phantasiereichtum, der sich bei ihm mit handwerklicher Tüchtigkeit, tiefer Gläubigkeit und schlichter Erdgebundenheit vereinigte.

  • Literatur

    W. Boeck, J. A. F., 1948 (L, zu ergänzen: H. Sauer, Archivalien zu J. A. F., in: ZGORh NF 55, 1942, S. 382-457);
    ders., Kat. d. J. A. F.-Ausstellung in … Überlingen, 1951;
    ders., Ein unbek. Meisterwerk v. J. A. F., in: Das Münster 6, 1953, S. 311-13 (Bischofskopf, Kopie);
    P. Zinsmaier, Neue Btrr. aus Salemer Archivalien zu J. A. F., in: ZGORh NF 59, 1950, S. 147-80;
    ders., Notizen z. Kunstgesch. d. Bodenseegebietes III, Konstanz, in: Freiburger Diözesan-Archiv 73, 1953, S. 207 f.;
    G. Henel, Unterss. z. Werk J. A. F.s, Diss. Tübingen 1954;
    dies., Die Annengruppe im Vorraum v. Neu-Birnau, in: Zs. f. Kunstwiss. 9, 1955, S. 201-08 (falsche Zuschreibung);
    A. Kasper, Das Weingartener Chorgestühl, in: Zs. f. Württ. Landesgesch. 13, 1954, S. 320-23;
    H. Ginter, Die Tabernakeltüre auf d. Frauenberg zu Bodman, in: St. Konradsbl. 1954, S. 578 f.;
    P. Metz, Ein Relief v. J. A. F., in: Berliner Mus. NF 5, 1955, S. 8-11;
    Ch. Altgf. zu Salm, Der Hochaltar d. Klosterkirche Amtenhausen, in: Schrr. d. Ver. f. Gesch. u. Naturgesch. d. Baar 24, 1956, S. 19-40 (mit Stammtafel);
    F. Götz, Neuentdeckte Arbb. v. J. A. F., in: Hegau 3, 1958, S. 63-66 (Gemarkungskarten f. Kloster Salem);
    P. Halm, B. Degenhart, W. Wegner, 100 Meisterzeichnungen a. d. Staatl. Graph. Slg. in München, 1958, S. 78;
    H. Ginter, Der Hochaltar d. J. A. F. in d. kath. Pfarrkirche zu Liptingen, in: Nachrr.bl. d. Denkmalpflege in Baden-Württemberg 2, 1959, H. 1, S. 16-18;
    P. Felder, Zwei unbek. Bildwerke v. J. A. F. im Kloster Fahr (Kt. Aargau), in: Unsere Kunstdenkmäler 10, 1959, S. 56 f.;
    ThB (unter Feichtmayr).

  • Autor/in

    Wilhelm Boeck
  • Zitierweise

    Boeck, Wilhelm, "Feuchtmayer, Joseph Anton" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 108-109 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118532707.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA