Lebensdaten
1843 – 1920
Geburtsort
Grätz bei Wollstein (Provinz Posen)
Sterbeort
Gut Schenkendorf bei Königswusterhausen (Mark)
Beruf/Funktion
Verleger
Konfession
jüdisch?
Normdaten
GND: 118785109 | OGND | VIAF: 13103565
Namensvarianten
  • Mosse, Rudolf
  • R. M.
  • RM
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Zitierweise

Mosse, Rudolf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118785109.html [17.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Fam. stammt aus Friedland (Niederlausitz), wo Isaac Moses um 1700 als Schutzjude ansässig war. – V Marcus (eigtl. Moses) (1808–65), Dr. med., Arzt in G., wegen Beteiligung an d. poln. Erhebung 1848 inhaftiert, Ehrenbürger v. G. (s. Enc. Jud. 1971), S d. Salomon Moses (1768–1811), Großkfm., sächs. Schutzjude in Friedland (Niederlausitz), u. d. Henriette Fuchs (Jüttel) ( 1847);
    M Ulrike Wolff (1813-88) aus Unruhstadt b. Bomst (Westpreußen);
    Om Adolf Wolff (1819–93) aus Grünberg (Schlesien), Textilgroßhändler in Berlin;
    13 Geschw, u. a. Salomon (1837–1903), Inh. e. Wäschehandlung in Berlin, Albert (s. 2), Emil (1854–1911), 1884-1909 Mitinh. d. Verlags (s. BJ 16, Tl.), Eleonore (1841–1909, Emil Cohn, 1832–1905, Rittergutsbes., 1867-84 in d. Leitung d. Verlags);
    Vt Theodor Wolff (1868–1943), pol. Publizist, 1906-33 Chefredakteur d. Berliner Tagebl. (s. Rhdb.; BHdE I);
    Trier 1873 Emilie (1851–1924), Gründerin d. Berliner Mädchenhortes, T d. Benjamin Loewenstein, Kaufm. in Aachen; 1 Adoptiv-T (natürl. T) Felicia Marx (1888–1972, 1911 [ 1938] Hans Lachmann, 1885–1944, Bankkaufm., Gesellschafter, seit 1920 Gen.bevollmächtigter, s. Rhdb.; BHdE I), Alleinerbin u. Nachf. M.s im Unternehmen, Vorstand d. Berliner Mädchenhorts;
    N Max (1873–1936), Titular-Prof., Internist u. Sozialmediziner in Berlin, 1913 Mithrsg. d. Sammelwerks „Krankheit u. soz. Lage“, Martin Carbe (eigtl. Cohn, 1872–1933), Dr. iur., 1907-30 Gen.bevollmächtigter d. R.-M.-Verlags (s. Rhdb.), Johanna Litthauer (1873–1942, Alfred Blaschko, 1858–1922, Hautarzt, s. NDB II), Margarethe Litthauer (1879–1956, Hermann Ullstein, 1875–1943, Verleger, s. Rhdb.; BHdE I), Anselm Hartog ( n. 1926), holländ. Verlagskaufm., Geschäftsführer d. R.-M.-Buchdruckerei, Martin Bloch (1883–1954), Maler u. Graphiker (s. Vollmer; Enc. Jud. 1971), Walter (1886–1973), Rechtsanwalt, Dir. b. Reichskommissar f. d. Kohleverteilung (s. Wenzel);
    E George L. (* 1918, eigtl. Gerhard Lachmann-M.), Prof. f. Zeitgesch. an d. Univ. v. Madison (Wisconsin) u. d. Hebr. Univ. in Jerusalem (s. BHdE II; L);
    Gr-N Hermann Blaschko (* 1900), Prof. f. Pharmakol. an d. Univ. Oxford (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1992), Hildegard Litthauer (* 1918, Freddy Himmelweit, 1902–77, Virologe, Forschungsdir. an d. Univ. London), Prof. f. Sozialpsychol. (s. BHdE II), Werner E. (* 1918), Prof. f. Europ. Gesch. an d. Univ. Norwich (s. BHdE II; L).

  • Biographie

    Weil die Mittel des Vaters nicht ausreichten, konnte M. nur bis zum 15. Lebensjahr das Gymnasium in Lissa besuchen, dann kam er nach Posen in eine Buchhändlerlehre. 1861 ging er zu seinem Bruder Salomon nach Berlin, war in dessen Wäschegeschäft tätig und arbeitete kurze Zeit als Buchhandlungsgehilfe. Anschließend versuchte er sich im Verlagsgeschäft, wechselte mehrfach die Stelle, arbeitete in der Geschäftsleitung des satirischen Wochenblattes „Kladderadatsch“, bis er Ende 1864 zu Robert Apitsch nach Leipzig kam, der die „Gartenlaube“ herausgab. M. erkannte bald die wachsende Bedeutung der illustrierten Zeitschriften als Werbeträger, die bisher weder von Verlegern noch von Werbetreibenden beachtet worden war. Er bewog Apitsch, dem redaktionellen Teil der „Gartenlaube“ eine Annoncenbeilage anzufügen, und reiste bald als Verlagsvertreter durch ganz Deutschland, Österreich und die Schweiz, um Anzeigen zu akquirieren. Damit war er der erste Akquisiteur, der gezielt auch bei auswärtigen Kunden warb. Der Geschäftserfolg übertraf alle Erwartungen. Apitsch bot M. an, sein Teilhaber zu werden, doch dieser lehnte selbstbewußt ab und wagte den Schritt in die unternehmerische Selbständigkeit.

    Wieder in Berlin, eröffnete er mit geliehenem Startkapital am 1.1.1867 eine „Zeitungs-Annoncen-Expedition“. Damit gab er mit einer glücklichen Wortschöpfung dem Gewerbe|den Namen, den es bis 1933 tragen sollte. Die Organisation des Anzeigengeschäfts steht am Anfang der Wirtschaftswerbung („Reklame“) in Deutschland. Ein epochaler Umstrukturierungsprozeß mit neuen technischen Mitteln der Werbung bei der Herstellung großer Serien für einen anonymen Markt führte in jener Zeit zu einer wesentlichen Vergrößerung des Anzeigenteils der Zeitungen. Zahl und Auflage der Presseorgane stiegen sprunghaft, die erhöhten Herstellungskosten erforderten zusätzliche Einnahmen durch den Verkauf von „Anzeigenraum“. Die Funktion der Annoncen-Expedition bestand darin, auf dem sich neu entwickelnden Markt Angebot und Nachfrage zusammenzuführen. Von den Verlagen erhielten die Expeditionen Vergütungen in Form eines Nachlasses auf die Anzeigenpreise. M. erkannte, welche Möglichkeiten sich auftaten, seine Kunden bei der Placierung der Anzeigen fachmännisch zu beraten. Mit diesem Konzept stieß er in einen noch offenen Markt, sein Unternehmen erlebte eine geradezu sprunghafte Entwicklung. Zeitungsverleger übertrugen ihm häufig den gesamten Anzeigenteil ihrer Organe. Zeitweilig hatte M. 100 Blätter fest in der Hand. Für Deutschland wurde er damit zum Begründer des sog. „Pachtsystems“ im Anzeigengeschäft.

    Während M. zielstrebig Geschäfte aufspürte und binnen weniger Jahre ein weitgespanntes Netz von Zweig- und Geschäftsstellen entwickelte, das Deutschland, Österreich-Ungarn und die Schweiz überzog (1917 hatte er 18 selbständige Zweigstellen und 280 Agenturen im In- und Ausland), war sein Schwager und Mitgesellschafter Emil Cohn für die innere Organisation des weitgehend dezentralisierten Unternehmens verantwortlich. Trotz des erstaunlichen Wachstums seines Konzerns, der 1916 3110 Angestellte hatte, verlor M. nie die Übersicht. Ältere Konkurrenten wie die 1855 gegründete erste deutsche „Agentur für Zeitungsinserate“ Haasenstein & Vogler und G. L. Daube ließ M. in den 90er Jahren hinter sich. Mit einem „Atelier für Inseratgestaltung“ und einer hauseigenen „Untersuchungsstelle für Marktanalyse“ schlug er Wege ein, die schon eine Entwicklung zur Werbeagentur andeuteten. Sein Einfluß wurde um so stärker, als er es im Laufe der Zeit vermochte, neben seiner Annoncen-Expedition einen der größten deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenverlage aufzubauen.

    Triebfeder der eigenen Verlagsgründung dürften Schwierigkeiten bei den Verhandlungen mit etablierten Zeitungsverlagen, aber auch die Idee gewesen sein, eine Anzeigenvermittlung und eine Zeitung als „Inseratenplantage“ nebeneinander zu führen, ein Betriebstyp, der in Deutschland noch unbekannt war. Seit 1871 erschien das „Berliner Tageblatt“ (B. T.), ursprünglich eine „Berliner Lokalzeitung mit umfassendem Handelsteil“, später eine Zeitung großen Stils mit moderner Note. Innerhalb weniger Jahre konnte es seine Abonnentenzahl vervielfachen und begann um 1880, die damals auflagenstärkste Zeitung im Deutschen Reich, die „Kölnische Zeitung“, zu überflügeln. Das B. T. erschien zunächst siebenmal, seit 1878 zwölfmal wöchentlich, schon 1872 kam die humoristische Zeitschrift „Ulk“ hinzu. 1874 entstand das stattliche Stammhaus in der Jerusalemer Straße mit hauseigener Druckerei. Mit einer Auflage von über 300 000 in seiner Glanzzeit war das B. T. bis 1933 die größte liberale Zeitung Deutschlands und zählte zu den meistgelesenen deutschen Blättern im Ausland.

    Geistig-politisch trat M.s Verlag vor allem durch die publizistische Linie des B. T. in Erscheinung, nach E. Dovivat eine der führenden deutschen „Gesinnungszeitungen“, die vor allem vom progressiv denkenden Bürgertum gelesen wurde. Heinrich Mann ging so weit, M. und das B. T. als „Staat im Staate“ zu bezeichnen. Das B. T. trat ein für Meinungs- und Pressefreiheit, Trennung von Kirche und Staat, Freihandel, Steuerreform, begrenzte Abrüstung, Ersetzung der konstitutionellen Monarchie durch eine parlamentarische Republik. Abgelehnt wurden Chauvinismus, Nationalismus und eine forcierte Flotten- und Rüstungspolitik. Während des 1. Weltkriegs propagierte das B. T. einen europ. Verständigungsfrieden, weshalb es mehrfach verboten wurde. Mit der Wochenschrift „Deutsches Reichsblatt“ (1881), der „Berliner Morgen-Zeitung“ (1889) und der „Berliner Volkszeitung“ (1852 von F. Duncker gegründet, 1904 von Emil Cohn erworben) suchte M. auch breite Volksschichten anzusprechen. Die „Mosse-Blätter“ galten bei Hof und in Offizierskreisen als links bis rot. In M.s Verlag erschienen außerdem etwa 130 Fachzeitschriften, dazu kam ein eigener Buchverlag, dessen Programm von Bestsellern bis zu Klassikern und luxuriösen Kunstbänden reichte. Ebenso wie August Scherl und Rudolf Ullstein beschritt M. mit Großauflagen den Weg zur modernen Massenpresse. Neben Scherl war er der erste Berliner Zeitungsverleger, der Sonderkorrespondenten an Brennpunkten des politischen Geschehens engagierte und einen eigenen Depeschendienst aufbaute; daher kann|er als „Vater der Sensationspresse“ gelten. Wichtigste Umsatz- und Gewinnquelle blieb aber das angestammte Geschäft, „Annoncenraum“ wurde „als Ware produziert, die durch den redaktionellen Teil absetzbar wird“ (K. Bücher).

    Auch im Marketing ging M. neue Wege; der Wettbewerbsvorsprung seines Hauses beruhte auf neuartigen Serviceleistungen für spezielle Kundengruppen. Maßgeblich beeinflußt durch seinen Bruder Emil, betrieb M. 1869-1914 für fast 200 Ausstellungen Öffentlichkeitsarbeit. Pionierdienste leistete er seit 1882 mit seinem Bäder-Almanach für die Fremdenverkehrswerbung. Er erfand für die Anzeigenkunden den „Normalzeilenmesser“ zur Bestimmung der Zeilenzahl, welche eine Anzeige in einer beliebigen Zeitung einnahm (1893). Ein bis dahin in Deutschland fehlendes Nachschlagewerk schuf er 1897 mit dem „Deutschen Reichs-Adreßbuch für Industrie, Gewerbe, Handel“ (D. R. A.). Die erste Ausgabe umfaßte 4500 Seiten im Lexikonformat, ein Umfang, der in den folgenden Jahren erheblich überschritten wurde.

    In ausgeprägter Weise verband M. kaufmännischen Instinkt und scharfen Kalkül mit schöpferischer Initiative und Durchsetzungsvermögen. Seit den Anfängen seiner Karriere wurden immer wieder Vorwürfe gegen sein Geschäftsgebaren erhoben. Ihm wurden – bisweilen zu Recht, oft aber auch aus antisemitischen Motiven – rücksichtsloses Expansionsstreben, Machtmißbrauch, wettbewerbsverzerrende Praktiken und unerlaubte Einflußnahme auf den Zeitungsinhalt unterstellt. Nach tiefgreifenden Konflikten brach der Ullstein Verlag die Geschäftsbeziehungen zu M. ab, der den größten wirtschaftlich-politischen Machtblock im deutschen Zeitungswesen kontrollierte. M. gehörte zu der Generation von Unternehmern, für die ein patriarchalischer Führungsstil selbstverständlich war. Er hatte kaum gesellschaftliche Ambitionen, lehnte die ihm vom Kaiser angebotene Nobilitierung ab, ließ sich aber in die Berliner Handelskammer wählen. Außerdem war er Vorsteher der jüdischen Reformgemeinde in Berlin.

    Die steigenden Erträge von M.s Unternehmungen bildeten den Grundstock für ein großes Privatvermögen (u. a. drei Rittergüter). M. war passionierter Förderer, Stifter und Sammler, in Deutsch-Wilmersdorf gründete er die „Emilie- und Rudolf Mosse-Stiftung“, ein Erziehungsheim für Waisenkinder, später ein Lehrlingsheim. Er kaufte die wertvolle Erich-Schmidt-Bibliothek der Germanistik und stellte sie der Wissenschaft zur Verfügung. Damals einzigartig im deutschen Zeitungswesen war die 1892 von ihm gegründete Pensionskasse für seine Angestellten, die noch um 1960 bestand. Für seine Wohltätigkeit und seine Stiftungen erhielt er 1917 den Dr. phil. h. c. der Univ. Heidelberg verliehen. Das Mosse-Palais am Leipziger Platz in Berlin enthielt eine erlesene Kunstsammlung (Achenbach, Böcklin, Corinth, Feuerbach, Leibl, Leistikow, Lenbach, Liebermann, Menzel, Spitzweg, Thoma, Uhde). Das Palais wurde später vom nationalsozialistischen Regime enteignet und beherbergte 1936-43 Hans Franks „Akademie für deutsches Recht“. Den Kunstbesitz ließ die „Mosse-Treuhandverwaltungs-GmbH“ 1934 versteigern.

    Nach der Revolution von 1918, die auch die Besetzung des Verlagshauses mit sich brachte, zog sich M. von der Geschäftsleitung zurück. Sein Vermögen erbte seine Adoptivtochter Felicia, die ihren Ehemann Hans Lachmann mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragte. Gemeinsam mit M.s Neffen Martin Carbe übernahm Lachmann die Leitung der M.schen Unternehmen. Er beauftragte Erich Mendelsohn mit der Neugestaltung des Berliner Verlagshauses (1923). Lachmann und Carbe führten 1922 den „Rudolf Mosse Code“ (R. M. C.) ein, für längere Zeit das einzige Hilfsmittel des Telegrammverkehrs im deutschsprachigen Raum, das später zu einem internationalen Code ausgebaut wurde. M.s Verlagsimperium wurde zunächst erfolgreich weitergeführt, obwohl in Hugenbergs kapitalkräftiger ALA, die u. a. das deutsche Filialnetz von Haasenstein & Vogler und G. L. Daube & Co. übernommen hatte, eine ernsthafte Konkurrenz entstanden war. Es kam aber zunehmend zu Dissonanzen zwischen dem eigenwilligen Lachmann und Carbe, der 1930 zum Ullstein-Verlag wechselte.

    Seit 1929/30 geriet der Konzern in eine finanziell angespannte Lage. Die Verlagsgruppe war in einer rezessiven wirtschaftlichen Entwicklung durch spekulative Investitionen wie die Errichtung weiterer Zweigstellen im Ausland, größere Neubauten und den Ankauf des „Acht-Uhr-Abendblattes“ zunehmend unter Ertragsdruck geraten. Im Herbst 1932 beantragte Lachmann die Einleitung eines Konkursverfahrens. Noch bevor die Liquidation durchgeführt werden konnte, wurde Hitler Reichskanzler. Am 13.7.1933 wurde ein Vergleichsverfahren eröffnet, das Haus Mosse unter Konkursverwaltung gestellt und von der Liste der im Verein der Zeitungsverleger anerkannten Anzeigenagenturen gestrichen.|Der Presse- und Verlagsbereich ging 1934 in einer reichseigenen „Berliner Druck- und Zeitungsbetriebe AG“ und einer „Buch- und Tiefdruck GmbH“ auf. Max Winkler, Finanztechniker der Gleichschaltung, besorgte über seine mit Reichsmitteln finanzierte „Cautio Treuhand GmbH“ die Abwicklung der Liquidation. Hans Lachmann-Mosse war Anfang 1933 in die Schweiz emigriert und hatte am 9.4. die Geschäftsführung niedergelegt, der Chefredakteur Theodor Wolff war im März 1933 über Österreich und die Schweiz nach Frankreich geflüchtet. Am 31.1.1939 stellte das B. T., inzwischen zu einem reizlosen Blatt degeneriert, sein Erscheinen ein.

    Die Besitzverhältnisse der ausländischen Unternehmungen und Tochtergesellschaften des Konzerns wurden durch die Ereignisse in Deutschland nicht berührt. Die Aktien der seit 1929 juristisch selbständigen Firma „Mosse Annoncen AG“ in Zürich gingen 1939 in die Hände einer schweizer. Interessengruppe über. Nach dem 2. Weltkrieg versuchten in den USA lebende Nachkommen M.s in der Bundesrepublik einen Neuanfang. Mit einem Mosse Code II und der Neuherausgabe des „Deutschen Reichs-Adreßbuches für Wirtschaft und Verkehr“ trat 1953/54 in München die neugegründete Rudolf Mosse GmbH & Co. KG an die Öffentlichkeit. Da sich beide Projekte als Fehlschläge erwiesen, mußte dieser Verlag 1960 Konkurs beantragen.

  • Werke

    Protest d. dt. Juden gegen d. Kommunismus, 1919 (mit H. Herzog, W. Rathenau u. a.).

  • Literatur

    O. Kanngießer u. F. Engel (Hrsg.), FS z. 25j. Bestehen d. Fa. R. M., 1882 (P);
    A. Kohut, Berühmte israel. Männer u. Frauen II, 1901 (P);
    R. Schmidt, Dt. Buchhändler, Dt. Buchdrucker, 1902, Nachdr. 1979;
    A. Heppner u. J. Herzberg, Aus Vergangenheit u. Gegenwart d. Juden u. jüd. Gemeinden in d. Posener Landen, I, 1909;
    Ph. Stauff, Semi-Kürschner, 1913;
    R. M. 1867-1917, FS z. Feier d. 50j. Bestehens d. Annoncen-Expedition, 1917 (P);
    E. Dombrowski, Köpfe d. Gegenwart, 1920, S. 201-11;
    J. Fischart, R. M., in: Europ. Staats- u. Wirtsch.-Ztg. v. 15.9.1920, S. 463-68;
    A. Herold, Die Sünden d. Berliner Tagebl., 1920;
    E. Sorg, Die dt. Zeitungskonzerne d. Gegenwart mit Einschluß d. Nachrr.- u. Anzeigengewerbes, 1924;
    E. Neckarsulmer, Der alte u. d. neue Reichtum, 1925 (P);
    K. Wenkel, R. M. – e. Schöpfer d. dt. Zeitungswesens, in: Zs. f. Handelswiss. u. Handelspraxis, Beibl., Jg. 19, 1926, H. 6, S. 41-45 (P);
    R. Hamburger, Zeitungsverlag u. Annoncen-Expedition R. M. Berlin, 1928;
    Berlins Aufstieg z. Weltstadt, hrsg. v. Ver. Berliner Kaufleute u. Industrieller, 1929 (P);
    F. Kaufmann, Erfolgreiche dt. Wirtsch.führer, 1931;
    Dr. Lr., Zur Insolvenz R. M.s, in: Dt. Oekonomist v. 21.7.1933, S. 942 f.;
    Auflösung d. Annoncen-Expedition R. M., in: Zeitungs-Verlag 34, Nr. 30 v. 29.7.1933, S. 489;
    R. Lepke's Kunst- u. Auktionshaus (Hrsg.), Kunstslg. R. M., 1934;
    G. Malbeck, Der Einfluß d. Judentums auf d. Berliner Presse, 1935;
    J. Klippel, Gesch. d. „Berliner Tagebl.“ (1872-1880), 1935;
    Abschied v. M., in: Der Patriot (Lippstädter Tagebl.) v. 7.2.1935;
    F. Heuer, Entwicklung d. Annoncen-Expeditionen in Dtld., 1937;
    ders., 100 J. Annoncen-Expeditionen in Dtld., in: Die Anzeige 31, 1955, S. 330 ff. (P);
    H. Dominik, Vom Schraubstock z. Schreibtisch, 1942;
    G. Pionteck, Die schweizer. Annoncen-Expeditionen, Diss. Zürich 1956, S. 77 f.;
    75 J. Mosse 1883-1958, 1958;
    P. de Mendelssohn, Zeitungsstadt Berlin, 1959, ²1982 (P);
    W. E. Mosse, R. M. and the House of Mosse 1867-1920, in: Leo Baeck Institute Year Book IV, 1959 (P);
    ders. (Hrsg.), Juden im Wilhelmin. Dtld., 1976;
    ders., Jüd. Unternehmer in Dtld. im 19. u. 20. Jh., 1992;
    M. Boveri, Wir lügen alle, Eine Hauptstadtztg. unter Hitler, 1965 (z. T. unrichtige Angaben);
    H. Wallenberg (Hrsg.), Berlin Kochstraße, 1966 (P);
    K. Koszyk, Dt. Presse im 19. Jh., 1966;
    ders., Dt. Presse 1914-1945, III, 1972;
    W. Görlitz, Von d. „Gartenlaube“ z. „Berliner Tageblatt“, in: Die Welt v. 4.5.1968 (P);
    Mosse-Annoncen AG, Zürich-Schweiz, in: Verband Schweizer. Werbeges. 1919-1969, 1969;
    W. Scharf, R. M., in: H.-D. Fischer (Hrsg.), Presseverleger d. 18. bis 20. Jh., 1975;
    W. G. Oschilewski, Ztg. in Berlin, Im Spiegel d. Jhh., 1975;
    M. Ekstein, The German Democratic Press and the Collapse of Weimar Democracy, 1975;
    G. L. Mosse, Ich bleibe Emigrant, 1991;
    D. Reinhardt, Von d. Reklame z. Marketing, Gesch. d. Wirtsch.werbung in Dtld., 1993;
    B. Rollka u. V. Spiess (Hrsg.), Berliner Biogr. Lex., 1993 (P);
    DBJ II, Tl.;
    Jüd. Lex. IV (P);
    Wininger;
    Enc. Jud. 1971. |

  • Quellen

    Qu. Bundesarchiv Koblenz; Landesarchiv Berlin STA Rep 61; Mitt. d. Fam. Mosse. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Leo Baeck Institute, New York. – Zur Fam.: O. Neumann, R. M.s Ahnen, in: Jüd. Fam.-Forschung 11, 1935, S. 665 ff., 685 ff.; E. Kraus, Gesch. d. jüd. Bürgerfam. Mosse v. Beginn d. 19. Jh. bis in d. heutige Zeit, Habil.schr. München (in Vorbereitung).

  • Porträts

    Gem. v. F. v. Lenbach, 1898 (im Bes. v. George L. Mosse);
    Bildarchiv Preuß. Kulturbes., Berlin;
    Marmorbüste v. L. Manzel u. Ölgem. v. K. Stauffer-Bern, 1882, Abb. in: FS z. Feier d. 50jähr. Bestehens d. Annoncen-Expedition R. M., 1917;
    Radierung v. E. Wolffsfeld, 1920, Abb. in: Mosse Alm., 1921.

  • Autor/in

    Hans-Henning Zabel
  • Zitierweise

    Zabel, Hans-Henning, "Mosse, Rudolf" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 213-216 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118785109.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA